Donnerstag, 24. März 2011

Bierkrieger

Bei folgender Geſchichte weiß ich nicht, ob ich dabei lachen oder weinen ſoll - ich entſcheide mich vor allem für's Kopfſchütteln...
Dazu erſt mal folgender Hintergrund. Ich hab' in Deggendorf an der dortigen Fachhochſchule (FH) Elektrotechnik ſtudiert. Auf der faſt unmittelbar neben der FH liegenden »Ackerloh« findet jedes Jahr zum einen ſo Ende April / Anfang Mai das Frühlingsfeſt des VdK und Ende Juli / Anfang Auguſtdas von der Stadt Deggendorf ausgerichtete Deggendorfer Volksfeſt ſtatt. Da das Volksfeſt meiſt in den Prüfungszeitraum fällt bzw. ſchon in den Semeſterferien liegt, war für uns Studenten eher das Frühlingsfeſt intereſſant, wenngleich beide Feſte im Vergleich z. B. zum Straubinger Volksfeſt noch eher klein ſind - Deggendorf hat halt »nur« ca. 31500 Einwohner - dafür war's immer ſchön gemütlich und das (Fips-)Weißbier fantaſtiſch (dazu gleich).

Um die Attraktivität des Volksfeſtes zu ſteigern hat nun der Deggendorfer Stadtrat im Dezember 2010 beſchloſſen ein drittes Feſtzelt (wieder einmal - das gab's ſchon früher öffters) zuzulaſſen. Die Krux an der Entſcheidung war nun die - und damit ging der ganze Ärger los - daſs der Stadtrat im Rahmen mit Zulaſſung des Konzeptes für das dritte Zelt zugleich beſchloſſen hatte, daſs dort Bier der Auguſtiner Brauerei aus München ausgeſenkt werden ſoll (außer deren Weißbier). Nun, dazu muſs man ſagen, daſs es direkt in Deggendorf ſeit 1996 keine Brauerei mehr gibt; damals ſperrte die »Weißbierbrauerei Bayer« zu. Den Biermarkt in Deggendorf dominieren aber (ſpäteſtens ſeit 1977) vor neben »Aldersbacher« vor allem »Irlbacher« aus den gelichnamigen Gemeinden im Landkreis Paſſau bzw. Straubing-Bogen und »Arcobräu« aus Moos bei Plattling. Das Bier mit der Rezeptur des legendären »Bayer-Weizens« wird ſeit dem zum einen als »Bayer-Weizen« für den »Weißbräu« in der Bräugaſſe bei der Brauerei Hutthurm (das war mir jetzt auch neu); zum anderen unter dem Namen »Fips-Weizen« (vor allem für's Deggendorfer Frühlings- und Volksfeſt) gebraut. Letzteres zwiſchendurch u. a. bei der Innſtadtbrauerei in Paſſau, zuletzt bei der Arcobräu in Moos, wobei der letzte Markenname derzert der bekanntere ſein dürfte.

Zurück zum »Deggendorfer Bierkrieg«, wie dieſe real-exiſtierende Poſſe in den Medien genannt wird. Die bereits auf dem Frühlings- bzw. Volksfeſt vertretenen Brauerein »Irlbacher« und »Arcobräu« waren ſelbſtverſtändlich von der Entſcheidung eine Münchner Brauerei zum Zug kommen zu laſſen nicht begeiſtert; waren alle Beteiligten bis zu dieſem Zeitpunkt davon ausgegangen, daſs entweder ſie ſelbſt, oder wie ſchon einige Jahre zuvor wieder »Aldersbacher« für das dritte Zelt zum Zug kommt. Hierbei wurde unter anderem von ſeiten der Brauereien eingewendet, daſs es z. B. in Paſſau und Straubing ſo eine Entſcheidung nicht gegeben hätte. Der Entſcheidung des Stadtrats wurde aber durch das Landratsamt Deggendorf im Nachhinein bei einer Überprüfung ſtatt gegeben. Soweit ſo gut; Recht haben hier beide (Stadt in Bezug auf die Vergabe und Brauereien im Bezug mit dem Verweis auf Paſſau und Straubing). Im Gegenſatz zu Deggendorf gibt es nämlich in Paſſau und Straubing jeweils eine Satzung über die zuläſſigen Brauereien auf den Dulten (Paſſau)  bzw. auf dem Volksfeſt (Straubing). In Paſſau kommen prinzipiell nur Brauereien mit Brauſtätte im Stadtgebiet zum Zug (also Hacklberger, Löwenbrauerei, Innſtadt und ab und zu Andorfer im Bauer-Zelt - ſeit Peſchl an Aldersbacher verkauft hat iſt die ehemals fünfte Brauerei Paſſaus definitiv nicht mehr auf der Dult), in Straubing nur Brauereien mit Brauſtätte in der Stadt Straubing oder im Landkreis Straubing-Bogen (Röhrl, Karmelitten und Arcobräu aus der Stadt und Erl und Irlbacher aus dem Landkreis). Die Sache mit der Arcobräu ist dabei zugegebenermaßen etwas konſtruiert: Acrobräu betreibt pro froma die alte Braustätte der Dietl-Brauerei weiter, auch wenn da kein Bier mehr gebraut wird, hatte aber früher eine eigene Brauſtätte in Straubing. Sie kann außerdem über ihre Volksfeſt-Werbung am längſten von allen Brauereien am Straubinger Volksfeſt nachgewießen werden. Dieſe Sache iſt alſo eher hiſtoriſch begründet, muſſte aber anſcheinend irgendwie juriſtiſch »waſſerdicht« gemacht werden.

Das Feuer in den »Bierkrieg« kam aber in dieſem Zuſammenhang über eine etwas unbedachte Bemerkung des Mooſer Brau-Direktors Fichtel: »Ohne das zu vertiefen, wenn Beamte, Politiker und Stadträte eine private Feier haben, rufen ſie bei uns an.« Deggendorf Oberbürgermeiſter(in) Anna Eder bezeichnete dies dann als »Unverſchämtheit« und ließ daraufhin alle ſtädtiſchen Bedienſteten und Stadträte entſprechende Erklärungen über ſoche »Zuwendungen« abgeben. Daraufhin ging Brauereidirektor Fichtl mit entſprechenden Lieferſcheinen  (ohne Rechnung) über 300 l Bier und 350 l alkoholfreie Getränke an die Öffentlichkeit - Anlaſs war der 60. Geburtstag von Frau Oberbürgermeiſter. Dieſe Lieferung wurde bezahlt - nachträglich, nach der entſprechenden Veröffentlichung durch Fichtl. Spätestens ſeit dem intereſſiert dies auch die Deggendorfer Staatsanwaltſchaft - von wegen Korruption und so. »Irlbacher« beteiligte ſich natürlich auch an dieſer Diſkuſſion, allerdings nicht ſo offenſiv wie »Arcobräu«. Nachdem die Entſcheidung des Stadtrats durch das Landratsamt abgeſegnet wurde ging die Stadt wieder in die Offenſive und riet den Wirten des Volksfeſtes auf Grund der vorhergegangenen Auseinanderſetzung nicht mehr mit den Brauereien »Irlbacher« und »Arcobräu« zuſammenzuarbeiten (Anſcheinend vergibt die Stadt die Zelte an die Wirte und überläſſt die »Details« dieſen). Hierauf erklärten die Feſtwirte, daſs ſie auf Grund der guten Zuſammenarbeit mit den Brauereien einen Grund für eine Aufkündigung dieſer ſehen, worauf der VdK Deggendorf als Ausrichter des Frühlingsfeſtes ſeinen Wirten (den ſelben!) die Zuſammenarbeit mit dieſen Brauereien verbot! Daraufhin zogen beide Feſtwirte ihr Engagement ſowohl für das VdK-Frühlingsfeſt als auch für das Volksfeſt der Stadt zurück.

Die letzten Entwicklungen ſind nun folgende: Sowohl für das Frühlings- als auch das Volksfeſt ſind nun neue Wirte gefunden worden. Im Weißbierzelt wird nun wieder »Bayer-Weißbier« ſtatt »Fips-Weißbier« ausgeſchenkt (»Unterſchied« ſiehe oben!). Von Seiten der Acrobräu wurde zum einen angekündigt, zeitgleich zum »Deggendorfer Volksfeſt« eine eigene »Mooſer Dult« mit Shuttle-Bus nach Deggendorf aufzuziehen. Andererſeits ſpringt er nun auch OB Eder zur Seite, indem er auch »Veröffentlichungen« bezüglich der Deggendorfer Stadtrats-Oppoſition angekündigt hat?!? Naja, Namen, wer da alles koſtenloſes Bier geordert haben ſoll, fielen ja ſchon zu beginn der Geſchichte und die gingen quer durch alle Stadtratsfraktionen.

Als Außenſtehender kann man inzwiſchen wohl nur noch den Kopf ſchütteln.Bereits zur Zeitpunkt der Veröffentlichung der Lieferſcheine der Frau Eder hat es dieſe Poſſe in die überregionale Medien »geſchafft« - z. B. SZ, Quer (im BR)... Inzwiſchen hat ſicht dieſe Geſchichte - trotz den zwiſchenzeitlich verkündeten »Bierfriedens« - erheblich weiterentwickelt und beide Beteiligten gehen faſt ſchon mit den Maſskrügen aufeinander los - fehlt nur noch, daſs ſie ſich im Sommer bei der jeweiligen »Gegenveranſtaltung« ſelbige gegenſeitig ſtehlen! War nur ein Witz. Wundern tät's mich allerdings nicht.

Aber ernſthaft: Die »Spezl-Wirtſchaft« iſt in Bayern und im benachbarten Öſterreich irgendwie immer noch gang und gäbe. Nichts gegen Nachbarſchaftshilfe und ſo, aber die »Beſchwerden«, daſs es zum Volksfeſt / zur Dult »früher« weit aus mehr Bier- und Eſſensmarken gegeben hat, daſs  »früher« die Brauereien die Bierbänke koſtenlos zum Bier bereitgeſtellt haben, usw., ſind gang und gäbe, das hört ſich aber halt langſam auf.  Vom berühmt-berüchtigen »System Strauß« und ſonſtigen »Amigos« oder ganz aktuell der »Straſſer-Affäre« jetzt in Öſterreich rede ich erſt gar nicht da ſind wir hiermit noch weit weg. Korruption - welch unſchönes Wort! - und Poſtenſchieberei ſtört anſcheinend nur dann, wenn man nicht davon profitiert.

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